Den Kompromiss der Kohlekommission 1:1 umsetzen

Liebe Bürger*innen,

Die vor einem Jahr von der von der Bundesregierung einberufene Kommission Wachstum – Strukturwandel – Beschäftigung („Kohlekommission“) gemachten Vorschläge sind eine gut geeignete Grundlage den notwendigen Kohleausstieg zu organisieren. Dass sich 28 Vertreterinnen und Vertreter sehr unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen vor einem Jahr auf einen Kompromiss zum Kohleausstieg inklusive der notwendigen Begleitmaßnahmen verständigen konnten, ist ein nicht zu unterschätzender Mehrwert, um für den Prozess des Kohleausstiegs Akzeptanz in allen gesellschaftlichen Gruppen zu schaffen. Vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis der Kohlekommission historisch.

Leider hat die Bundesregierung es innerhalb des letzten Jahres nicht vermocht, diesen Kompromiss anders als immer wieder angekündigt 1:1 umzusetzen. Die jüngst bekannt gewordenen Vorschläge zur Umsetzung weichen unverständlicherweise ganz erheblich und entscheidend von den Vorschlägen der Kohlekommission ab.

  • Die von der Kohlekommission einvernehmlich vorgeschlagene Stetigkeit der Abschaltung von Braunkohlekraftwerksblöcken nach 2023 wird ohne Not auf das Ende der 2020er Jahre bzw. in die 2030er Jahre verschoben. Dies führt zu erheblichen Mehremissionen von mindestens 40 Millionen Tonnen und lässt die Erreichung der Klimaziele und die Erfüllung der deutschen Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen noch unwahrscheinlicher werden. Außerdem wirft das zeitlich verschieben der Abschaltungen erhebliche energiewirtschaftliche Probleme auf.
  • Entgegen der ausdrücklichen, einvernehmlichen Empfehlung der Kohlekommission will die Bundesregierung das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 in Betrieb nehmen. Es mutet nicht nur absurd an, angesichts der Einleitung eines Kohleausstiegs noch ein neues Kraftwerk in Betrieb gehen zu lassen – es wäre nicht nur das einzige und letzte in ganz Westeuropa, sondern der Betrieb von Datteln 4 führt auch zu erheblichen Mehremissionen.
  • Die bundesgesetzliche Feststellung einer „energiepolitischen Notwendigkeit“ des Tagebaus Garzweiler wie von der Bundesregierung avisiert ist nicht Teil der Vorschläge der Kohlekommission. Die Regelung stellt ein absolutes Novum für Tagebaue in Deutschland dar. Ganz offensichtlich soll damit die Zwangsumsiedlung der verbleibenden Orte im Abbaubereich des Tagebaus Garzweiler rechtlich abgesichert werden, ohne dass tatsächlich belegt wird, dass die Auskohlung dieses Tagebau wirklich erforderlich ist. Gutachten legen nämlich das Gegenteil nahe. Es verwundert, dass RWE den Tagebau Inden fünf Jahre freiwillig früher beenden und Kohle in der Erde lassen will, obwohl für den Tagebau Inden niemand mehr umgesiedelt und auch keine Wälder o. ä. zerstört werden müssten.
  • Die Erhaltung des Hambacher Wald darf nicht durch skurrile Pläne von RWE gefährdet werden, in der Umgebung des Waldes weitere Flächen zur Gewinnung von Abraum abzubaggern. Auf der Sophienhöhe lagert ausreichend Material, um notwendige Teilverfüllungen des Tagebaus Hambach durchzuführen. Hierfür darf keine gewachsene Erde einschließlich der Ortschaften Manheim und Morschenisch und weiterer Waldgebiete in der Steinheide und dem Merzenicher Erbwald zerstört werden. Hierzu bedarf es einer schnellen Klarstellung durch die Landesregierung NRW.
  • Im Gegensatz zu den Empfehlungen der Kohlekommission, den Ausbau der Erneuerbaren Energien als Ersatz für die wegfallende Kohleverstromung zur Erreichung der Ziele eines Anteils von 65% bis 2030 massiv voranzutreiben, ergreift die Bundesregierung hier keinerlei Maßnahmen. Damit gefährdet sich nur die Klimaschutzziele sondern auch die Versorgungssicherheit. Wir erwarten auch von der Landesregierung NRW konkrete Initiativen zum Ausbau der Erneuerbaren Energien im Rheinischen Braunkohlerevier.
Wir fordern die Bundesregierung und alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, ein Kohleausstiegsgesetz zu beschließen, dass die Empfehlungen der Kohlekommission 1:1 umsetzt und insbesondere die oben beschrieben Abweichungen rückgängig macht. Kompromisse sollten eingehalten werden, insbesondere dann, wenn Befriedung eines langjährigen gesellschaftlichen Konflikts damit einhergehen soll. Nur so ist im Übrigen auch gewährleistet, dass die avisierten Milliardenhilfen für den Strukturwandel und für die Beschäftigen auch in der Gesellschaft insgesamt und über Legislaturperioden hinweg Akzeptanz finden.
Diese Chance sollte das Rheinische Revier nicht verspielen.

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